Im Park von Schloss Augustusburg – ein französischer Garten im Rheinland

20.09.2010 Im Herzen des Rheinlands am Fuße des Vorgebirges, in Brühl zwischen Köln und Bonn liegt einer der bedeutendsten und schönsten französischen Barock- und Rokokogärten Deutschlands. Der Garten und Park von Schloss Augustusburg in Brühl, der gemeinsam mit den Schlössern Augustusburg und Falkenlust seit 1984 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, ist ein herausragendes Beispiel für die französische Gartenarchitektur des 18. Jahrhunderts.

Schloss Augustusburg
Unter der Pomeranze: Blick auf die Orangerie im Schloßpark von Brühl

Das barocke Gartenparterre im Schloßpark Brühl

Unser Rundgang beginnt vor der Südfassade von Schloss Augustusburg. Hier entfaltet sich die barocke Gartenkunst im Parterre mit vielen Rokokoelementen, dem Hauptteil des Gartens. Dieser Garten ist eine Fortsetzung der Architektur des Schlosses, die die Natur in die Harmonie des höfischen Festsaals einschließt. Dominique Girard, der den Garten entworfen hat, hat die Broderie, die Zierpflanzungen mit Buchsbaum entworfen. „Broderie“ heißt Stickerei und diese grüne Stickerei breitet sich wie ein kostbarer Teppich vor der Südfassade aus. Girard hatte in Versailles die Gesetze und Regeln des barocken Schloßparks von Versailles kennengelernt und als chur-cölnischer Hofgärtner in Brühl, aber auch in anderen Schlössern des Kurfürsten Clemens August umgesetzt.

Schloss Augustusburg
Broderie im Schloßpark Brühl

Das Parterre wird von einem „Plant Band“ -also einem Pflanzenband- umgeben, dessen Bepflanzung mit 10.000en Sommerblumen einem strengen Plan entspricht. Die Sommerblumen, die hier in abwechslungsreichen Reihen gepflanzt werden, schimmern wie Emaille, je weiter man dem Band in die weite Ferne nachsieht. Die Mitte ist höher als die Ränder, so dass sich der „dos d’âne“, der  Eselsrücken zeigt.

Sichtachsen und höfisches Zeremoniell

Im Brühler Garten von Schloss Augustusburg zeigt sich auch das barocke Prinzip der Achse. Sichtachsen bestehen zwischen allen Teilen des Gartens und verbinden z.B. die großen Fontänen in den vielen Becken. Auch ein weiteres barockes Gesetz der Gartenkunst wird umgesetz: Ein Garten muss mehr Natur als Kunst haben. Die Natur wird in Form gebracht, ohne ihre Prinzipien zu ignorieren.

In Brühl lässt sich auch nachempfinden, wie das höfische Zeremoniell auch im Park gepflegt wurde. So lässt sich z.B. eine Allee hervorragend einsetzen, um die Begegnung zweier ranghoher Fürsten zu arrangieren. Jeder tritt in die Allee von der Seite ein. So lässt sich vermeiden, dass der eine auf den anderen zugehen müsste, das höfische „Gleichgewicht“ bleibt gewahrt.

Für die „Wasserkunst„, die Fontänen in den insgesamt sieben Becken wurde großer Aufwand betrieben. Hoch bezahlte Fontänenmeister sorgte dafür, dass das Element Wasser – wie in Versailles – ausreichend zur Geltung kommt. Wie die vier Elemente spielen auch die vier Jahreszeiten eine große Rolle. Vertreten durch allegorische Skulpturen schließen die Jahreszeiten das Parterre des Parks ab.

Neben dem Element des Wasser, des Windes und der Erde, die im Park vertreten waren, wurde das Element Feuer durch das kurfürstliche Feuerwerk angesprochen. Der Fürst als Herrscher über die Elemente und Jahreszeiten war ein wichtiges Symbol und Aussage.

Neben den zentralen Flächen des Gartenparterres, der als Festsaal einen prominenten Platz in der Schloßanlage innehat, zeigt der Brühler Park auch viele Geheimnisse und Überraschungen. In der sogenannten „Bosquettezone„, also kleinen Wäldchen bestehen grüne Salons und Kammern, die für diskrete und zurückgezogene Treffen zur Verfügung standen. Baumformationen in Oktogonform oder die „Salon de verdures“ sind solche Rückzugsgebiete für verschwiegene Gartenbesucher. Dazu gehörte im 18. Jahrhundert auch durchaus die Öffentlichkeit, für die der Garten geöffnet war.

Landschaftsgarten und Falkenlust

Das besondere an Brühl ist die sich an den barocken Garten anschließende Hochwaldzone, die als  englischer Landschaftsgarten angelegt ist. Sie stammt aus der preußischen Phase, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Anglisierung stammt von Lenné, dem großen Landschaftsgärtner, dessen Familie ursprünglich aus Brühl stammte. Ein englischer Landschaftsgarten wurde gestaltet als eine Reihe von Landschaftsgemälden, die wie man wie ein begehbares Bilderbuch durchwandert. Die Augen durften dabei nie den Füßen folgen, sondern vielmehr stets auf Neue in andere Blickrichtungen gelenkt werden.

Eine weitere Regel war, dass der Garten immer größer scheinen soll, als er ist. Dieses erreicht man durch nicht klar erkennbare Abschlüsse und Perspektiven hinter vordergründigen Bepflanzunge. Zu den englischen Elementen gehören auch alte Eichen in den kleinen Wäldchen, den „bosquettes“ am Rande des Parterres.

Wenn man den Landschaftsgarten durchwandert, erreicht man nach Durchschreitung einer langen, durch die Bahnlinie Köln – Bonn durchschnittene Allee das Jagdschlösschen Falkenlust. Die Falknerei war eine der beliebtesten Freizeitgestaltungen des Kurfürsten. Hier in den Niederungen des Rheinlands ließ sich mit Falken hervorragend auf die Beizjagd auf Reiher gehen. Ausganspunkt war das barocke Kleinod Falkenlust.

Schloß Falkenlust in Brühl

Im barocken Garten lässt sich an vielen Stellen die „ars topiaria„, die Kunst des Formschnitts beobachten. Eiben und Lorbeer und viele andere Formpflanzen werden in Form geschnitten.

Ein mediterraner Garten vor der Brühler Orangerie

Der Rundgang durch das Brühler Schloss Augustusburg endet im „Jardin Secret„, dem Privatgarten des Kürfürsts vor der Orangerie. Dort erwarten nicht nur Engelstrompeten, Hanfpalmen und Phoenixpalmen, sondern auch Agapanthus, Engelstrompeten und Blasensträucher auf den Besucher.

Die Orangerie diente vor allem der Unterbringung der Orangenbäume. Orangenbäume waren die wertvollsten Pflanzen im barocken Garten. Sie standen symbolhaft für die Äpfel der Hesperiden, die Herkules als eine seiner Prüfungen stehlen musste. Ein Fürst, der sie besaß, konnte sich also mit Herkules vergleichen. Auch ließ sich mit Orangenbäumen die Herrschaft über die Natur demonstrieren. Orangen, die zeitgleich blühen und Früchte tragen, heben die Jahreszeiten auf. Wer sich ihre aufwändige Kultur leisten konnte, war ein wahrer Herrscher. So entstand die Orangeriekultur in Europa, die uns heute noch fasziniert.

Autor: Dr. Dominik Große Holtforth