Gartenpolitik

Gartenpolitik im 21. Jahrhundert – Skizze einer „Neuen Grünen Politik“

Immer mehr Menschen entdecken Gärten wieder als Orte im Grünen, in denen sie Erholung, Entspannung, Nahrung oder etwa Berührung mit der Natur finden. Gärten sind aber auch Status- und Luxusgut, denn sie benötigen teure Fläche, die sich nicht alle leisten können. Daher waren Gärten immer schon ein knappes Gut, das zudem mit der für Investoren viel rentableren Wohn- oder Geschäftsbebauung konkurrieren muss. Häufig haben Gärten und Grünflächen dabei den Kürzeren gezogen. Wenn also die Gartenkultur in Deutschland nur eine Nebenrolle spielt, kann das auch damit zu tun haben, dass nur wenige Menschen, keineswegs eine Mehrheit, die Vorzüge des Gartens kennen.

Gartenpolitik
Ein Garten stiftet Erholung und ist von hohem ökologischen Wert

Das gilt es zu ändern, denn Gärten bringen für jeden einzelnen aber auch für die Gesellschaft einen größeren Nutzen als Kosten. Gärten, entweder öffentlich oder privat stiften Erholung, Gärten unterstützen die Gesundheit, die Ökologie von Menschen, Tieren und Pflanzen. Sie helfen die Versorgung mit Lebensmitteln sicherzustellen, verbessern die Luft, die Wasserversorgung, die Entwicklung von Kindern und Familien und haben immer schon einen wichtigen Beitrag für die Kultur geleistet. Damit sind Gärten ein politisches Thema, denn der Zugang zu Gärten stiftet nicht nur für den Einzelnen, sondern für die gesamte Gesellschaft einen besonderen Vorteil.

Gartenpolitik hat es entsprechend immer schon gegeben, allerdings mit starken Schwankungen. Große Gärten wurden von den Herrschenden errichtet, um ihre Herrschaft symbolisch zu unterstreichen, um die Ernährung und Rekreation der Bevölkerung sicherzustellen und um Wohnungsbau- und Siedlungspolitik zu gestalten. Berühmte Beispiele der Gartenpolitik sind die Erbauung des Englischen Gartens in München oder die Gartenstadtbewegung, die grüne Städte anstrebten, in denen auch Industriearbeiter Nahrung und Erholung finden konnten.

Im 21. Jahrhundert ist die Gartenpolitik mit anderen, neuartigen Herausforderungen und Zielen konfrontiert. In einer Zeit, in der Technologien und die Verdrängung der Natur dominieren, muss eine „Neue Gartenpolitik“ vor allem den Zugang zur Natur für möglichst viele Menschen in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld in den Mittelpunkt stellen. Dieses Lebensumfeld ist für immer mehr Menschen die Stadt mit ihren knappen und teuren Flächen. Umso mehr muss vor allem die kommunale Gartenpolitik sicherstellen, dass Städte nicht vollständig zubetoniert werden, sondern auch Raum für Grün und Natur bleiben. Die Urban Gardening-Bewegung ist ein klares Signal an die kommunale Gartenpolitik, dass immer mehr Menschen, darunter auch zunehmend junge Menschen, ausreichende Grünflächen beanspruchen und diese auch für die Selbstversorgung mit Obst und Gemüse einsetzen wollen.

Wird die etablierte Politik in Deutschland dieser Situation gerecht? Eher nicht. Bedenkt man, dass im Wahlprogramm der meisten Parteien der Begriff „Garten“ außer beim Thema „Kindergarten“ kein einziges Mal vorkommt, wird deutlich, dass der Garten oder die Gärten derzeit kein politisches Thema sind. Sicher ist das zunächst nachvollziehbar, denn die meisten Besitzer von Gärten werden diese nicht als Gegenstand der Kommunal-, Landes- oder Bundespolitik sehen, sondern vielmehr als privaten Rückzugsraum, der keiner politischen Betreuung oder gar Regulierung bedarf. Welch Aufschrei ginge wohl durch das Land, wenn sich gar „Brüssel“ der Gärten annehmen würde. Nicht auszudenken.

Doch Gegenstand der Gartenpolitik sollten weniger bestehende Gärten sondern vielmehr fehlende oder bedrohte Gärten sein. Und nur wenige Zeitgenossen werden beschreiten, dass beim öffentlichen Grün zumindest der Erhalt gesichert werden muss. Für die Gartenpolitik gibt es also genug zu tun.

Was sind konkrete Ziele für die Gartenpolitik als „Neue Grüne Politik“? Hier ein mögliches 10-Punkte-Programm:

  1. Sicherstellung ausreichender privater und öffentlicher Grünflächen in Ballungsräumen
  2. Zugang zu Gärten und Grünflächen für möglichst viele Menschen
  3. Schaffung von ausreichenden Grünflächen Kinder und Jugendliche, in denen sie Natur und Pflanzen erleben können
  4. Schaffung und Integration möglichst vieler grüner oder begrünter Orte in Städten
  5. Ökologische Ausrichtung der öffentlichen Grünpflege
  6. Erhalt und Ausbau des städtischen Baumbestandes
  7. Sicherstellung der urbanen Artenvielfalt durch Schaffung ökologischer Rückzugsflächen
  8. Förderung von Bürgerinitiativen und bürgerlichem Engagement für Urban Gardening und Gärtnern in der Stadt
  9. Förderung der „Offenen Gartenpforte“ als Projekt der Begegnung in Gärten
  10. Integration der Gartenkunst in die allgemeine Kulturpolitik

So vielfältig wie die Themen sind auch die Möglichkeiten der Umsetzung. Nicht zuletzt wegen fehlender öffentlicher Finanzierungsspielräume der öffentlichen Hände muss Gartenpolitik auch wieder mehr bürgerschaftliches Engagement zulassen und fördern. Hier hat die „Urban Gardening“-Bewegung schon konkrete Wege aufgezeigt, bei denen ungenutzte Gewerbeflächen in städtische Gemeinschaftsgärten umgewidmet wurden. Man sollte allerdings die Kämmerer und Finanzminister nicht zu früh aus der Verantwortung entlassen, denn Grünflächen und öffentliche Gärten gehören mindestens genauso zur Daseinsvorsorge und Infrastruktur wie Autobahnen und Parkplätze.

Viele Ansätze und Vorbilder wie etwa die nachhaltige und grüne Stadtentwicklung New Yorks lassen hoffen, dass immer mehr grüne Städte auf der Welt entstehen. Es wird höchste Zeit, der Natur mehr Raum zu geben. Da wo Menschen leben, geschieht das in Gärten.